Pressemitteilung 2020-04: Gehörlose Patient*innen in der Coronakrise

München, 17. April 2020

PM 2020-04

Gehörlose Patient*innen in der Coronakrise

Durch die Mundschutz-Pflicht sind sie doppelt gehandicapt!
Im Krankenhaus sind sie noch isolierter!

Wie der bayerische Ministerpräsident Herr Dr. Markus Söder bei der Pressekonferenz am 07. April 2020 informierte, wird eine Maskenpflicht in Erwägung gezogen. Der Gehörlosenverband München und Umland e.V. (GMU e.V.) als die Interessensvertretung gehörloser Menschen in München und den umliegenden Regionen möchte diesbezüglich einige Hinweise geben, wie diese Pflicht umgesetzt werden kann, ohne dass Menschen mit Hörbehinderung Nachteile dadurch erfahren.

Eine Kommunikation mit hörbehinderten Menschen begreifen viele hörende Menschen als eine Kommunikation über das Lippenablesen. Tatsächlich kann aber nur sehr wenig von den Lippen abgesehen werden, sodass die komplexen Gesprächsinhalte anhand von Kontext und Hintergrundwissen erschlossen werden müssen. Eine Maskenpflicht wird diese Form der Kommunikation nun nicht nur weiter erschweren, sondern nahezu unmöglich machen.

Wir bitten das Bayerische Gesundheitsministerium, Handlungsempfehlungen an das medizinische Fachpersonal für den Umgang mit gehörlosen Patient*innen weiterzugeben. Gerne kann der GMU e.V. für die Formulierung dieser Handlungsempfehlungen beratend zur Seite stehen.
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Nicht vergessen werden dürfen auch die psychischen Folgen eines Krankenhaus-aufenthaltes in diesen Zeiten. Das durchaus sinnvolle und nachvollziehbare Besuchsverbot bedeutet für Menschen mit Hörbehinderung eine weitestgehend Isolation und ein Informationsdefizit, da ihnen Telefonate mit Angehörigen und Freunden oder das Einholen von Informationen, besonders über die Entwicklung der Corona-Lage, über das Radio nicht möglich sind. Die in den Zimmern bereitstehenden Fernseher haben häufig nicht die Möglichkeit von zuschaltbaren Untertiteln.

Wir fordern das Bayerische Gesundheitsministerium auf, Kommunikationskoffer für kurzfristige, nicht planbare Gespräche bei medizinischen Angelegenheiten einzuführen.
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Wir hoffen, dass die Verantwortlichen ein Einsehen haben und der Kommunikationskoffer für gehörlose Patient*innen schnellstmöglich eingeführt werden kann. Der Gehörlosenverband München und Umland e.V. kann bereits einen Prototyp vorzeigen, der zur Verfügung gestellt werden könnte bzw. sofort erweitert und ausgebaut werden könnte. Gerne könnte der Gehörlosenverband München und Umland e.V. auch als Vermittlungsstelle für den Verleih und die Wartung der Kommunikationskoffer für Krankenhäuser fungieren.

Weitere Ausführungen und Begründungen finden Sie in der Pressemitteilung als PDF.